Politik und Gesellschaft

Libertarismus, Nationalismus und die Superreichen – Eine kritische Auseinandersetzung

Dieser Beitrag geht auf die beunruhigenden politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ein, die unsere westliche Gesellschaft in den letzten Jahren zunehmend kennzeichnen.

Nationalismus, soziale Kälte und der Vormarsch einer libertären Wirtschaftsordnung bedrohen die gesellschaftlichen Fortschritte und Errungenschaften der Vergangenheit.

Es soll darum gehen, wie diese Tendenzen unsere Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden und welche Rolle prominente Akteure in Politik und Wirtschaft dabei spielen. Gleichzeitig rufe ich dazu auf, dieser gefährlichen Entwicklung mit Solidarität, Menschlichkeit und Leidenschaft entgegenzutreten.

Die Ära wegweisender sozialer Reformen

Es gab einmal eine Zeit, da sah es so aus, als hätten wir ein neues Zeitalter der sozialen Wärme, Menschlichkeit und internationalen Verbundenheit eingeläutet.

In den USA, im „Land of the Free“, in dem bis dato historisch gesehen am ehesten die Reichen und Wohlhabenden frei waren – in ihren Möglichkeiten zur Anhäufung von Reichtum – erkämpfte der damalige US-Präsident Theodor Roosevelt Anfang des 20. Jahrhunderts die Monopolkontrolle gegenüber Wirtschaftsunternehmen und setzte damit denjenigen, die auf Kosten und auf dem Rücken Ihrer Arbeitnehmer:innen reich wurden, eine klare Grenze.

Ebenso tat es ihm der langjährige Präsident Franklyn D. Roosevelt Anfang der 1933er Jahre gleich. Neben der Einführung eines Sozialversicherungssystems in den USA regulierte er das amerikanische Wirtschaftsgeschehen zum Schutz der Allgemeinheit. Noch vor Antritt seiner ersten Amtszeit hatte die Bevölkerung eine katastrophale Wirtschaftskrise mit exorbitant hoher Arbeitslosigkeit miterleben müssen. Einzig entstanden aus der Tatsache, dass reiche Spekulant:innen an der Börse massive Verluste eingefahren hatten und damit die US-Bevölkerung mit sich gerissen und dadurch eine Welle der Armut ausgelöst hatten. Damit eine Krise diesen Ausmaßes so nicht mehr auftreten konnte, führte Roosevelt wirksame Sicherheitssysteme und Beschränkungen auf dem Kapitalmarkt ein. Er entwickelte außerdem die US-Außenpolitik weiter. Eine bis dahin größtenteils isolationistisch orientierte Außenpolitik erfuhr eine Neuausrichtung hin zum Internationalismus. Er stellte klar, dass wir Bürger:innen dieser Welt allesamt „One World“ zugehörig seien, dass wir miteinander verbunden sind und dass eine globale Abhängigkeit aller von allen bestehe. Er rief deshalb die amerikanischen Finanzmarktakteur:innen dazu auf, das eigene Wohlergehen nicht auf Kosten des Wohlergehens anderer Nationen zu steigern, da alle Menschen gleichermaßen Bürger:innen der „Human Community“ seien und nicht nur nehmen sondern auch geben müssten.

Der Geist der 1960er: Hoffnung und Fortschritt

Später, in den ausklingenden 1960er und frühen 1970er Jahren,

in der Zeit der Hippies, sangen sich wunderbare, inspirierende Menschen in die Herzen der Menschen für Frieden, Liebe und Gleichberechtigung. Eine soziale Bewegung für Freiheit und Frieden, gegen Kriege und Ausbeutung und für Verbindung war geboren worden und fand zahlreiche Anhänger:innen und Unterstützer:innen in der gesamten westlichen Welt. Aus dieser Bewegung sind einige bedeutende Errungenschaften unserer heutigen freiheitlichen Gesellschaft entstanden.

Während sich die USA außerdem – getragen von Martin Luther King – ihrer rassentrennenden Gesetze und Institutionen zunehmend entledigte und zu einer geeinten, bunten Gesellschaft heranzuwachsen begonnen, setzte Willy Brandt in Deutschland auf eine Entspannungs- und Annäherungspolitik im kalten Krieg. Das Ziel war Frieden.

1990 wurde aus einem geteilten Deutschland wieder eins. Man empfing einander mit offenen Armen. Es herrschte ein Gefühl von Aufbruch und Verbundenheit. Bedingungslose Unterstützung war hier selbstverständlich.

Die westliche Gesellschaft schien einen entscheidenden Schritt ihrer Weiterentwicklung angetreten zu sein.

Der schleichende Rückfall: Nationalismus und soziale Kälte

Doch seit einiger Zeit fällt die soziale Grad-Zahl wieder kontinuierlich ab. Unaufhaltsam in Richtung Gefrierpunkt. Nationalismus und Antidemokratisierung sind auf dem Vormarsch, wohin man auch blickt.

Die Weichen werden in Richtung einer von Oligarchen geführten kapitalistischen Ordnung gestellt, die die Geschicke der Welt in libertärer Freiheit lenken möchten. Zu ihrem Vorteil.

Der Anstieg des Nationalismus begann flächenbrandartig im Zuge der größeren Flüchtlingsströme nach Europa um 2015. In vielen Ländern gewinnen seitdem rechtspopulistische, nationalistisch orientierte Parteien an Einfluss. Ihre Rhetorik ist geprägt von einer harten Abgrenzung gegenüber Fremden und der Rückbesinnung auf vermeintlich bessere Zeiten. Diese Narrative verstärken seitdem eine gesellschaftliche Spaltung und fördern ein unterkühltes Klima der Angst und Unsicherheit. Ein kreiertes Bild von vermeintlicher „Überfremdung“ und vom „Wohlstandsklau“ versetzt die Bürger:innen in Panik und spaltet sie.

Anstieg rechtspopulistischer Kräfte

Wo rechtsnationale Kräfte zunächst lediglich überraschende Wachstumswerte in Wählerumfragen verzeichnen konnten, finden wir uns nun in einer Gegenwart wieder, wo sie aktiv Politik in Regierungen mitgestalten können. Am 20.01.2025 ist Donald Trump zu seiner zweiten Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten angetreten. Und das, obwohl er Donald Trump ist. Ein Mann, der sich selbst öffentlich abwertend gegen die Meisten seiner eigenen Wähler:innen wie Minderheiten, Frauen, oder Migrant:innen ausspricht. Ein Mann, der u.a. wegen des sexuellen Missbrauchs an einer Frau schuldig gesprochen wurde. Der wegen zahlreicher weiterer Verbrechen entweder verurteilt wurde, oder deren Gerichtsverfahren wegen der mangelnden Neutralität amerikanischer Gerichte bis in seine nun geltende Immunitätsphase aufgeschoben oder sogar vorab fallengelassen wurden.

Dieser Mann und seine Aussagen und Werte verkörpern selten treffend die sibirische Kälte dieser Zeit. Beziehungsweise ihre Auswüchse, ihre Eiszapfen.

Denn Kälte wurde aus Kälte gewählt.

Die Allianz von Tech-Milliardären und Populisten

Elon Musk, einer der monetär erfolgreichsten Männer der Welt, unterstützt – neben einer zunehmenden Zahl von sehr gut situierten Markenfiguren der US-Techbranche als Hauptprofiteure der Politik für die libertäre „Freiheit der Reichen“ – Trumps Wahlkampf und Amtseinführung.

Auch wir in Deutschland haben in einigen Wochen vorgezogene Bundestagswahlen.

Musk hat sich just für die Wahl der rechtspopulistischen AFD in Deutschland ausgesprochen und mit ihnen ein Wahlwerbevideo gedreht. Er spricht sich aus für diejenigen, die Frauen an den Herd zurückbinden wollen, Ausländer:innen jedweder Generation aus dem Land abschieben wollen und dafür weder vor absurden Lügen noch vor systematischer Desinformation zurückschrecken. Spaltung. Kälte. Populismus.

Die Agenda der Tech-Elite

Da geschätzt wird, dass Musk einen IQ nahe dem Albert Einsteins aufweist, ist in seinen Tat-Motiven weniger von Parteiensympathien denn von gefährlichem, zerstörerischem Kalkül auszugehen. Es ist leider zu befürchten, dass diese hier verfolgte Strategie zur Destabilisierung des Konkurrenten Europa und zur Stärkung der amerikanischen Marktmacht in brillanter Weise aufgehen wird. Sein Ziel als Milliardär ist es, größtmögliche Freiheiten für seine globalen Finanzoperationen zu erreichen. Nicht umsonst stehen er und die aktuelle Tech-Elite Amerikas Donald Trump so nah. Trump wird derjenige sein, der alle Errungenschaften seiner Vorgänger für die Bürger:innen mit einem Schlag wieder ungeschehen machen wird – zugunsten des Libertarismus, der unaufhaltsamen Freiheit der Reichen. Es gelingt ihm zweifellos.

Der Mythos vom Trickle-Down Effekt

Die Menschen des Kapitalistischen Zeitalters neigen nämlich dazu, auf ihre Reichsten der Reichen zu hören. Spätestens seit Ronald Reagans Reden über seine wirtschaftlichen Visionen und Versprechen vom Trickle-Down Effekt Anfang der 1980er. Es wurde ein Mythos für die allgemeine Bevölkerung kreiert, der in etwa besagt:

Je reicher und mächtiger die Reichen werden, desto mehr fahre auch ich im Fahrstuhl mit nach oben in Richtung Wohlstand. Sind die Reichen erst an der Macht, so bekomme ich sicher etwas vom Kuchen ab und wir sind alle gemeinsam reicher geworden.

Aus diesem Grund auch sollten wir die Besteuerungen der Reichen unbedingt senken.

Und wir sollten ihre massiven ausbeuterischen Tätigkeiten, welche Mensch und Natur betreffen, aus diesen Gründen tolerieren bis hin zu begrüßen. Im Sinne der Sache.

Doch so läuft es leider nicht. Wenn du nicht den wählst, der sich für die Armen und Schwachen der Gesellschaft einsetzt und der Gleichbehandlung und Zusammenhalt fördert, sondern für denjenigen stimmst, der kaltes Kapital fördert, dann gehst du leider leer aus (es sei denn natürlich du bist bereits Multimillionär, dann könntest du Glück haben).

Viele haben auch die Idee, dass Millionäre und Milliardäre – vor allem diese mit dem Label „selfmade“ – schon wissen, was gut für die Gesellschaft sei. Schließlich haben sie es ja geschafft, so reich zu werden. Also müssen sie irgendwie schlauer sein als man selbst und am besten Wissen, was zu tun ist.

Das stimmt im Zweifel teilweise auch. Bis auf die Tatsache, dass sie ja gar nicht zwangsläufig die Absicht haben, zum Wohle der Allgemeinheit zu handeln. Sondern sie wählen vielmehr die cleverste Variante, bei der maximaler Gewinn für sie selbst und möglichst weniger Gewinn für alle anderen herauskommt. Reichtum im Kapitalismus basiert nun mal meistens auf Ausbeutung anderer und auf Skrupellosigkeit. Nur so konnten die Reichen so exorbitant reich werden.

Der libertäre Kapitalismus uns Friedrich Merz als Bedrohung für die Demokratie

Auch Friedrich Merz, der aktuelle Kanzlerkandidat der CDU vertritt wirtschaftspolitisch klar die Interessen der Wohlhabenden. Er plädiert leidenschaftlich für libertäre Maßnahmen wie Steuererleichterungen für Unternehmen und die Reduzierung staatlicher Eingriffe. Diese Politik verschärft soziale Ungleichheit und lässt die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung außer Acht. Er steht seinen rechtspopulistischen Mitstreiter:innen rhetorisch mittlerweile in nichts mehr nach.

Er propagiert eine Politik, die gesellschaftliche Spaltungen vertieft, anstatt Brücken zu bauen. Auch er spielt mit einer Angst vor Überfremdung, wenn er es als Problem betitelt, „wenn sich Grundschulklassen nur noch zu 50 Prozent aus deutschen Kindern zusammensetzen.“ Gleichzeitig bedient er damit ein rechtspopulistisches Narrativ. Merz erklärte außerdem offen, dass er Frauenquoten für überflüssig hält, und bezeichnet den Kampf für Gendergerechtigkeit als ideologisch. Solche Aussagen ignorieren die strukturellen Benachteiligungen, mit denen Frauen in Wirtschaft und Politik nach wie vor konfrontiert sind. Die CDU präsentiert sich als demokratische Partei der Mitte, doch ein Kanzlerkandidat wie Merz wirft die Frage auf, wie weit rechts die Mitte mittlerweile liegt. Wenn die Bevorzugung der Reichen (und ständige Diskriminierung von Frauen und Minderheiten) salonfähig gemacht werden, ist es unsere Aufgabe, diesen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten.

Ein Appell für Menschlichkeit und Solidarität

Lassen wir uns nicht von den verfälschten Weltbildern der Populist:innen und Wirtschaftsakteur:innen leiten, sondern arbeiten wir gemeinsam an einer Gesellschaft, die auf Solidarität, Menschlichkeit und wahrhaftiger Freiheit basiert.

In diesem Sinne: Was zählt ist aufm Platz. Am 23.02.25 entscheiden wir an der Wahlurne.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert